Prüfungsängste reduzieren durch eine konstruktive Sichtweise
Kinder und Jugendliche, die unter Prüfungsängsten leiden, zeigen spezifische Denkmuster, die die Angst und Hilflosigkeit verstärken. Wie Sie als Mutter oder Vater dazu beitragen können, Ihrem Kind aus negativen Denkspiralen herauszuhelfen und damit Prüfungsängste zu reduzieren, erfahren Sie hier.
Prüfungsängsten liegen oft destruktive Gedanken zugrunde
Viele prüfungsängstliche Kinder und Jugendliche zeigen ein ganz spezifisches Denkmuster. Sie:
- Überschätzen die Schwierigkeit einer Prüfung
- Unterschätzen ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten
- Überschätzen die Folgen eines Misserfolgs

Konstruktives Denken fördern
Die Struktur solcher Gespräche ist immer ähnlich:
1. Das Kind mit seinen Ängsten und Sorgen annehmen
Zuerst lässt man sich auf die Realität des Kindes, seine Sorgen und Ängste ein. Man akzeptiert, dass das Kind momentan so denkt.
Das ist manchmal nicht so leicht - vielen Eltern fällt es schwer, zu akzeptieren, dass ihr Kind beispielsweise glaubt, sie könnten wütend werden oder enttäuscht sein, wenn es eine schlechte Note nach Hause bringt. Sie möchten sich am liebsten "verteidigen" im Sinne von: "Wie kommst du darauf? Sicher nicht!" Das Gleiche passiert, wenn sich das Kind selbst abwertet. Auch da besteht immer die Gefahr, dass man vorschnell Stellung bezieht und versucht, das Kind von einem anderen Standpunkt zu überzeugen. Es hilft, wenn man sich klar macht, dass Ängste oft irrational sind. Wenn jemand vor Spinnen Angst hat nützt es wenig, wenn man ihm einfach sagt, dass diese Viecher doch klein und harmlos sind.
Wenn man die Angst und die Sorgen akzeptiert, passieren zwei sehr wichtige Dinge: Erstens fühlt sich das Kind verstanden und zweitens wird erst dann deutlich, wovor sich ein Kind wirklich fürchtet, wenn es sich dazu frei äussern kann. Nur wenn die Gründe offen liegen, kann man auch sinnvoll darauf reagieren. Hinter der zuerst geäusserte Sorge von Tina ("Ich schaffe das nicht") versteckt sich die Hauptangst "Meine Eltern könnten enttäuscht sein" - reagiert man sofort mit einem "Du schaffst das!" kann das Kind seine Hauptsorge gar nicht äussern und die Eltern können nicht darauf eingehen. Manche Schüler haben mir erzählt, dass die "du schaffst das!"-Reaktion ihrer Eltern sie nur noch mehr verunsichert hat. Eine Schülerin meinte: "Meine Eltern sind so felsenfest davon überzeugt, dass ich immer alles schaffe - ich glaube, ihr Bild von mir würde sich völlig verändern, wenn ich mal etwas nicht schaffe - die würden aus allen Wolken fallen!" Was sich diese Schüler wünschen sind Eltern, die ihnen das Gefühl geben: "Ja - manchmal kommt es vor, dass einem etwas nicht gelingt - dann steht man auf und probiert es noch mal - für uns ändert sich dadurch gar nichts."
2. Die Sorgen genauer anschauen
Liegen die Sorgen offen, kann man sie zusammen mit dem Kind genauer anschauen. Man kann sich fragen: "Stimmt denn dieser Gedanke?", "Was würde denn passieren, wenn das gefürchtete Ereignis eintritt? Wäre das wirklich das Ende der Welt oder wäre man einfach einen Moment oder ein paar Stunden enttäuscht?"
Jüngere Kinder hören oft sehr gebannt zu, wenn man als Vater oder Mutter von ähnlichen Schwierigkeiten erzählt. Dabei hilft es, wenn man ein "Bewältigungsmodell" darstellt - also ein Mensch, der auch auf Schwierigkeiten stösst, diese aber bewältigen kann. Es hilft Kindern nicht, wenn man ein Modell ist, dem alles ohne Probleme gelingt. Um es zu verbildlichen: Kann ein Kind zuschauen, wie sein Vater vom Sprungbrett springt und sich dabei sagt: "Wou...ganz schön hoch...da kriegt man ja ein komisches Gefühl im Bauch...o.k. ganzen Mut zusammen nehmen und los..." dann stellt dies ein Modell dafür dar, wie man seine Angst überwindet. Springt der Vater mit einem eleganten Rückwärtssalto vom Dreimeter und sagt dazu "ist doch easy..." ist er zwar ein "toller Hecht", aber keine Hilfe. Das Kind sieht höchstens, wie mutig der Vater ist - aber es schöpft selbst keinen Mut.
Besser ist da die Äusserung der Mutter, dass sie manchmal auch denkt, es sei alles zu viel - und sich dann sagt: "Stop! Denk nach! Für das Wichtigste reicht es immer. Was ist wirklich wichtig?"
3. Eine konstruktive Sichtweise oder eine hilfreiche Strategie erarbeiten
Fühlt sich das Kind mit seinen Sorgen angenommen und ist es gelungen, diese genauer anzuschauen, kann eine konstruktivere Sichtweise oder eine hilfreiche Strategie erarbeitet werden.
Im ersten Beispiel drückt sich die neue, konstruktive Sichtweise im Gedanken aus: "Ich muss nicht alles wissen - ich kann mich auf das Wichtigste beschränken, wenn ich nicht genügend Zeit habe." Die Strategie wäre: "Ich sehe mir zunächst die Lernziele an und lerne dann gezielt die Inhalte, die dort abgefragt werden."
Im zweiten Beispiel lautet die konstruktive Perspektive: "Meine Eltern erwarten, dass ich mir Mühe gebe und mich auf die Prüfung vorbereite. Wenn es dann nicht klappt, stehen sie zu mir und sind für mich da."
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