Wie motiviere ich mein Kind?

"Wie kann ich mein Kind motivieren? Wie mache ich ihm klar, dass Lernen wichtig ist und es sich auf Prüfungen vorbereiten muss?" Diese Fragen werden uns immer wieder gestellt. Eine simple Antwort gibt es nicht - aber viele scheinbar kleine Dinge, die einen grossen Unterschied machen.

Was Kinder motiviert - und was sie demotiviert

Das eigene Kind beim Lernen zu begleiten, ist alles andere als einfach. In vielen Familien wird gestritten und diskutiert. Die Kinder verweigern sich und die Eltern setzen Druck auf. Eltern, die in dieser Negativspirale gefangen sind, fragen uns oft, wie sie ihrem Kind "verklickern können, dass die Schule wichtig ist."

Wir antworten jeweils, dass diese Einsicht relativ wenig mit der Motivation zu tun hat. Um es deutlich zu sagen: Ein neunjähriges Kind interessiert es normalerweise schlichtweg nicht, ob es mit 25 Jahren auf dem Arbeitsmarkt bessere Optionen hat, wenn es sich jetzt bei den Hausaufgaben oder der Prüfungsvorbereitung Mühe gibt. 

Was das Kind sehr wohl interessiert ist die folgende Frage: "Wie habe ich mich heute während des Lernens gefühlt?" 

Wenn die Antwort darauf lautet: "Ich habe mich dumm gefühlt, war angespannt und hatte Streit mit meinen Eltern", wird es das Lernen auch in Zukunft vermeiden wollen. 

Konzentrieren Sie sich auf Ihr Kind und nicht auf das Arbeitsblatt

Wenn Eltern ihre Kinder beim Lernen begleiten, haben sie oft nur ein einziges Ziel im Kopf: Die Aufgaben müssen fertig werden, koste es, was es wolle! Was dabei oft in den Hintergrund rückt, ist die Beziehung zum Kind. 

Viele Kinder machen die Erfahrung: Ich habe eine schöne Beziehung mit meinen Eltern - aber sobald es um das Lernen geht, haben wir Zoff! Dadurch entwickelt sich bei den Kindern das Ziel, dieser Situation so gut es geht aus dem Weg zu gehen. Sie schieben das Lernen auf, verschwinden aufs Klo oder wirken innerlich abwesend. 

Falls Sie mit Ihrem Kind in dieser Situation stecken, hilft Ihnen die Übung mit der Waage. Stellen Sie sich dazu vor, dass die Motivation des Kindes nicht durch einen einzelnen Faktor bestimmt wird, sondern durch viele unscheinbare Dinge. Wie kleinere und grössere Gewichte in einer Waage führen diese dazu, dass sich die Waage in die eine oder andere Richtung neigt. Eine Gruppe von Eltern in einem unserer Seminare zählte die folgenden Punkte auf:

Mein Kind kann besser lernen, wenn:

  • Ich mit ihm zuerst einen Plan erstelle.
  • Ich das Positive anspreche. Zum Beispiel: "Schön, dass wir heute gleich anfangen konnten."
  • Es in der Küche lernen darf anstatt in seinem Zimmer.
  • Wir kurze Pausen einbauen.
  • Ich selbst entspannt bin.
  • Ich in der Nähe bin, aber etwas anderes mache - zum Beispiel koche oder Mails schreibe.
  • Es einen Teil der Hausaufgaben am Abend machen darf.
  • Ich Verständnis zeige: "Du hast heute gar keine Lust. Was würde es dir etwas einfacher machen?"
  • Es beim Lernen Musik hören darf.

Mein Kind und ich sind gestresst, wenn:

  • Ich meinem Kind drohe.
  • Ich ihm sage, dass es sich beeilen und mal vorwärts machen soll (dann wird es noch langsamer!).
  • Ich selbst müde und gereizt bin.
  • Ich "falsch" oder "nein!" sage.
  • Ich ihm eine Predigt halte oder ihm erkläre, weshalb die Schule so wichtig ist.
  • ständig seine Schrift kritisiere.

Wichtig ist bei solchen Auflistungen, dass Sie sehr persönlich ausfallen müssen. Es geht um Sie und Ihr Kind. Beobachten Sie, wie Ihr Verhalten auf Ihr Kind wirkt: Was empfindet es als motivierend? Wo steigt es aus? Was belastet die Beziehung? Gibt es situative Aspekte, die eine Rolle spielen? Geht es evtl. in der Küche besser als im Kinderzimmer? Abends besser als am Nachmittag? Mit Musik besser als ohne? Besonders wichtig sind dabei Ihre nonverbalen Signale, wie das folgende Video zeigt:

 Wenn Sie und Ihr Kind auf diese kleinen Unterschiede achten, werden sie zu Experten für sich selbst. Sie und Ihr Kind lernen sich selbst zunehmend besser kennen und wissen mit der Zeit genauer, wie sie beide ein Team bilden und was für das Kind motivierend wirkt. 

Natürlich gibt es einige Hinweise aus der Wissenschaft, die hilfreich sind. So zeigt die Forschung, dass Kinder umso besser lernen können, je mehr es ihren Eltern gelingt:

  • Die Selbständigkeit des Kindes in kleinen Schritten zu fördern.
  • Für eine gute Atmosphäre zu sorgen. 
  • Günstige Lernbedingungen zu schaffen.
  • Dem Kind Anerkennung zu schenken und es zu ermutigen.
  • Mehr auf individuelle Fortschritte des Kindes zu achten anstatt es mit anderen zu vergleichen.

Gemeinsam mit Elternbildung Schweiz haben wir ein Plakat entworfen, das den Gedanken der Waage aufgreift und verdeutlicht, dass es die kleinen Dinge sind, die den Unterschied machen. Sie können die einzelnen Punkte als Anregung nutzen. Wichtig ist aber, dass Sie jeden einzelnen Punkt überprüfen und sich fragen: Passt das zu uns? Trifft dieser Punkt auch auf mein Kind zu? Erstellen Sie dann gemeinsam mit Ihrem Kind ein persönliches Plakat. Sie können die Grafik hier herunterladen.

Infografik Hausaufgaben

Übrigens: In Einzelberatungen konnten wir immer wieder feststellen, dass Kinder bei diesen Punkten sehr gerne mitdiskutieren und ihre Eltern oft mit guten Vorschlägen überraschen. Wenn Sie den Mut haben, können Sie Ihr Kind sogar fragen, was sich ändern müsste, damit sie beide ein gutes Team bilden und es motivierter lernen kann.

Schluss mit Lern- und Hausaufgabenstress

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Autorenteam

Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler sind Psychologen und führen gemeinsam die Akademie für Lerncoaching in Zürich. Beide verbindet eine Leidenschaft für das Schreiben von Büchern und für die Entwicklung neuer Projekte. Sie bieten Seminare für Eltern und Weiterbildungen für Fachpersonen rund um das Thema "Lernen" an.

Akademie für Lerncoaching
Albulastrasse 57
8048 Zürich

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