Perfektionismus bei Kindern und Jugendlichen

Wenn hinter "Faulheit" Angst steckt

„Er/Sie ist einfach faul!“ – Das hören viele Kinder und Jugendliche, wenn sie sich in der Schule scheinbar nicht anstrengen.
Doch manchmal steckt dahinter kein Mangel an Motivation, sondern Angst vor dem Scheitern. Dann kommt es häufig zu sogenanntem „Self-Handicapping“.

 

Was ist Self-Handicapping?

Self-Handicapping ist ein psychologischer Schutzmechanismus:
Betroffene schaffen sich mehr oder weniger bewusst eigene Hindernisse, um im Falle einer schlechten Leistung eine Erklärung zu haben, die ihren Selbstwert nicht bedroht.

Typische Self-Handicapping-Strategien können beispielsweise sein:

  • Viel zu spät oder gar nicht mit dem Lernen beginnen („Ich hab ja eh nicht gelernt…“)
  • Tests nicht eintragen oder „vergessen“ zu lernen
  • Nötiges Arbeitsmaterial nicht mitnehmen („Ich konnte ja gar nichts machen.“)
  • Keine Hausaufgaben erledigen und ständig am Handy hängen („Ich hab’s ja nicht mal probiert…“)
  • Absichtlich zu spät ins Bett gehen oder die Nacht vor einem Test durchmachen („Kein Wunder, ich war zu müde…“)
  • Eine Arbeit zu spät oder gar nicht einreichen („Hätte ich mehr Zeit gehabt…“)
  • Sich mit Hobbys oder Nebenjobs freiwillig „überlasten“
  • Im Unterricht nicht mitarbeiten („Kein Wunder, dass ich’s nicht checke, ich hab ja auch nicht zugehört.“)
  • Absichtlich keine Fragen stellen, um Unwissenheit nicht zu zeigen.

Die Logik dahinter: „Wenn ich eine schlechte Note habe, dann lag es daran … – nicht daran, dass ich dumm oder unfähig bin.“

Ein betroffener Student beschrieb dies im Coaching einmal sehr treffend: „Ich geb im Studium immer nur Halbgas. Wenn ich trotzdem gut abschneide, komm ich mir schlau vor. Wenn ich schlecht bin, kann ich mir sagen: ist ja klar - eigentlich hätte ich ja noch mehr gekonnt.“

Oder in den Worten einer jugendlichen Lerncoaching-Klientin: „Ich bin lieber schlau und faul, als fleißig und dumm.“

Das Problem: Kurzfristig fühlt sich dieses Muster entlastend an, langfristig schadet es der Motivation, dem Selbstvertrauen und der Leistung der Betroffenen. Sie bleiben weit unter ihren Möglichkeiten und schöpfen ihr Potenzial nicht aus.

 

Was hilft bei Self-Handicapping?

Die folgenden Kurztipps können dir dabei helfen, dein Kind zu unterstützen:

  1. Erkennen statt verurteilen: 

    Self-Handicapping ist ein Schutzmechanismus, keine Faulheit oder Charakterschwäche. Vermeide Vorwürfe wie „Du sabotierst dich selbst“ oder „Du bist einfach unmotiviert“.

  2. Früh ins Gespräch gehen 

    Du kannst dein Kind fragen: „Was macht dir Sorgen bei dieser Aufgabe?“ oder „Was könnte passieren, wenn du dich anstrengst und es klappt nicht?“

  3. Druck abbauen 

    Vermeide Aussagen wie „Du hättest so viel Potenzial“ oder „Er ist eigentlich so ein kluges Köpfchen.“ Solche stabilen Zuschreibungen erzeugen noch mehr Angst, den Status als intelligente, begabte Person im Falle eines Misserfolgs zu verlieren.

  4. Die Anstrengung mehr würdigen als das Ergebnis 

    Fokussiere dich auf den Prozess, anstatt auf die Noten: „Das war bestimmt nicht leicht, dich an den Aufsatz zu setzen … wie hast du‘s trotzdem geschafft, dich zu überwinden?“

  5. Fehler normalisieren 

    Sprich offen über eigene Fehlschläge und wie du daraus gelernt hast. Signalisiere deinem Kind: „Du bist für mich genauso wertvoll und ich hab dich immer lieb - egal wie das Ergebnis ausfällt.“

  6. Ziele hinterfragen 

    Überprüfe, ob gewisse Leistungserwartungen aus dem Umfeld vielleicht tatsächlich zu hoch sind. Besprich mit deinem Kind, welche Ziele ihm selbst wichtig sind.

  7. Überforderung reduzieren 

    Unterteilt große Aufgaben, beispielsweise die Vorbereitung eines Referats, in überschaubare Etappen und legt klare, aber flexible Arbeits- und Pausenzeiten fest. Eine Lernpartnerschaft mit jemandem aus der Klasse kann dabei helfen, auf Kurs zu bleiben.

  8. Stärkende Selbstgespräche fördern 

    Überlegt, welche Gedanken Kraft spenden und welche blockierend wirken. Aus einem „Ich schaff das eh nicht und muss es erst gar nicht versuchen“ wird ein „Ich darf es versuchen und sehe dann, was rauskommt“ oder „Mit jedem Mal üben werde ich ein bisschen besser“. Dabei kann das Buch „Du schaffst das, Merle!“ eine Hilfe sein.

  9. Externe Unterstützung einbeziehen 

    Wenn das Muster festgefahren ist oder mit starker Angst verbunden ist, kann eine schulpsychologische oder psychotherapeutische Fachperson oder ein Lerncoaching weiterhelfen.

Wichtige Lernerfahrungen für Kinder und Jugendliche mit Self-Handicapping 

Betroffene profitieren davon, wenn sie behutsam neue Denkmuster aufbauen dürfen und erkennen:

  • Erfolge und Misserfolge sind kein Beweis für (mangelnde) Intelligenz und Begabung.
  • Ich kann wachsen und mich weiterentwickeln, wenn ich mir Mühe gebe, übe und gute Strategien entwickle.
  • Fehler sind Teil des Lernprozesses, sie passieren uns allen.
  • Scheitern ist menschlich. Eine schlechte Note macht mich nicht zu einem Versager oder einem schlechteren Menschen.
  • Andere Menschen sehen nicht nur das Ergebnis, sondern interessieren sich auch für meinen Weg dorthin.
  • Ich kann mit anderen offen über meine Ängste und Unsicherheiten sprechen. Sie hören mir zu, sind für mich da und finden mich deswegen nicht „peinlich“.

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