Mobbing

Mobbing Beteiligte

Wenn Schüler zu Tätern, Mitläufern und Opfern werden... 

Wer sind die Täter? Wer sind die Mobbing- Opfer? Wo liegen Ursachen für die Übergriffe? Fragen wie diesen gehen wir nachfolgend auf den Grund.

Mobbing ist die am meisten verbreitete Gewaltform an Schulen. Studien aus dem deutschsprachigen Raum zeigen, dass der Anteil der gemobbten Kinder in den Grundschulen (Primarschule bis Klasse 4) und Hauptschulen am höchsten, in den Gymnasien am niedrigsten ist.

Jedes 8. Kind zwischen Klasse 1 und 4 wird deutschen Umfragen zufolge mindestens einmal wöchentlich Opfer von Mobbingangriffen. In der 2. Klasse ist das Risiko am höchsten, dass ein Kind über einen längeren Zeitraum hinweg mehrfach von anderen Kindern beleidigt, gehänselt  wird oder ihm körperliche Gewalt angedroht wird. In der Schweiz dürften die Zahlen eine ähnliche Sprache sprechen.

Wenn wir diese Zahlen mit Leben füllen, begreifen wir schnell, warum Mobbing in der Schule ein wichtiges Thema ist und sein sollte:

So liest man in einem Mobbing-Selbsthilfeforum für Kinder und Jugendliche zum Beispiel von einem Mädchen, das sich anfangs noch gut mit allen in der Klasse verstand. Die Mobbingübergriffe begannen in der 4. Klasse als sich 2 Mädchen plötzlich gegen die Schülerin stellten. Sie berichtet wie die Gruppe der Mobber wuchs, ihr die Schulsachen wegnahm und sie schließlich auf dem Pausenhof getreten und geschubst wurde. „Irgendwann zog ich mich immer weiter zurück, verlor alle weiblichen Freunde aus der Klasse, weil die nicht auch gemobbt werden wollten und wollte überhaupt nicht mehr in die Schule gehen. (…) Ich hatte mit Klavierunterricht angefangen und mein Unterricht fand Nachmittags in meiner alten Grundschule statt. Während ich vor dem Gebäude auf meine Lehrerin warten musste, kamen immer wieder die Mobber aus meiner Klasse vorbei und machten mich fertig. Ich wurde geschlagen, getreten und beleidigt, aber gewehrt habe ich mich nie. Meiner Lehrerin wollte ich auch nix erzählen, so hab ich das noch mal ein Jahr durchgemacht, ich war so fertig das ich alles versucht habe um nicht zum Klavierunterricht gehen zu müssen, ich habe sogar versucht mir den Arm zu brechen, was allerdings nur dazu führte, dass ich mir die Bänder überdehnte und trotzdem spielen musste (…)“, erzählt die Schülerin.

Die Erfahrungen des Mädchens zeigen uns die Angst und Scham des Opfers, die dafür sorgen, nichts zu sagen. Sie machen jedoch auch die grosse Verzweiflung deutlich, die die betroffenen Kinder häufig zum Äussersten treibt. Wer sind diese Kinder und Jugendlichen, die einzelnen Schulkindern das Leben zur Hölle machen? Welche Kinder sind besonders gefährdet, Opfer von Mobbingattacken zu werden? Fragen wie diese sind wichtig, denn sie machen uns sensibel für die Vorboten und helfen uns, genauer hinzusehen und frühzeitig, wenn es nötig ist.

Wer ist am Mobbing beteiligt?

Die Mobbing-Situation in der Schule richtet sich systematisch gegen ein einzelnes Kind, das systematisch „fertig gemacht“ wird. Auf der Seite der Akteure stehen meist bis zu 3 Personen, die die Übergriffe planen und durchführen. Diese sind allerdings selten alleine: Mitläufer/innen, die sich an den Mobbingattacken wechselnd und unregelmäßig beteiligen, stärken den Akteuren den Rücken.

Mobbing tritt oftmals innerhalb einer Klasse auf, manchmal beteiligen sich auch Kinder aus anderen Klassen. Da Mobbing ein Gruppenphänomen ist, gibt es keine Unbeteiligten. Kinder, die nicht direkt an den Aktionen beteiligt sind, stärken die Position der Akteure indirekt. Gemeinsam haben diese Kinder, dass sie: 

  • die Situation bagatellisieren, die Übergriffe für „Spaß“ halten oder sich über "die Abwechslung", die das Mobbing innerhalb des Klassenverbandes verursacht, amüsieren
  • sich aus Angst, selbst zum Opfer zu werden, aus der Situation zurückziehen und die Übergriffe still mit ansehen

Vereinzelt erleben wir jedoch auch immer wieder mutige Schüler/innen, die zum Teil für das von Mobbing betroffene Kind Partei ergreifen und einschreiten, meist leider ohne Erfolg.

Wer sind die Akteure?

Mobbing ist kein Wechselspiel zwischen einem oder mehreren Tätern und einem Opfer, Mobbing ist ein Gruppenphänomen, bei dem alle eine Rolle einnehmen.

Mobbinghandlungen scheinen ein Stück weit geschlechtsabhängig zu sein. So neigen Mädchen eher dazu, andere Mädchen zu solieren, hänseln, verlachen, und zu bedrohen, streuen Gerüchte und falsche Beschuldigungen, während Jungen häufiger physische Gewalt anwenden. 

In manchen Publikationen finden sich die Aussagen, dass Mobbing Initiatoren mehrere der folgenden Merkmale aufweisen:

  • Sind impulsiv und haben wenig Selbststeuerungskompetenz
  • Haben ein ausgeprägtes Machtmotiv
  • Beharren auf Durchsetzung eigener Interessen durch aggressive Verhaltensweisen
  • Haben wenig Mitgefühl, aber sehr gute Fähigkeiten, Schwächen bei anderen Kindern auszumachen
  • Sind Gleichaltrigen durchschnittlich körperlich überlegen (führt zu einem Gefühl der Stärke und Unantastbarkeit)
  • Geben meist Provokation durch das Opfer als Grund an obwohl diese nur in ca. 20% der Mobbingfälle in der Realität im Vorfeld da ist
  • Haben wenig Selbstvertrauen/ ein mangelndes Selbstwertgefühl
  • Weisen Defizite in der Sozialkompetenz auf
  • Kennen wenige Konfliktlösestrategien

Kinder, die andere systematisch über einen längeren Zeitraum hinweg psychisch und physisch verletzen sind gehören ausserdem zur Risikogruppe für eine antisoziale Persönlichkeit im Erwachsenenalter, Kriminalität u.a.

Die Gründe für Mobbing wurden in den letzten Jahren vermehrt erforscht. Neben gewissen Schulmerkmalen konnten auch Ursachen ausgemacht werden, die Kinder vermehrt zu Mobbing Tätern werden lassen. Dazu gehören zum Beispiel…

  • Eine schlechte Beziehung zu den Eltern mit wenig Wärme und Wertschätzung
  • Ein sehr stark machtbetonter und autoritärer Erziehungsstil im Elternhaus oder mangelnde Grenzsetzung (Laissez- faire) und Verharmlosung von gewalttätigem Verhalten
  • Körperliche Gewalt in der Familie und zwischen den Eltern
  • Schlechte Vorbilder

Entgegen häufiger Mediendarstellungen hängt der Täterstatus nicht mit dem Einkommen der Eltern oder deren sozialen Prestige zusammen. Überzufällig häufig sind die Täter auch selbst Opfer- sei es in der Familie, der Schule oder anderer sozialer Gruppen.

Auf der anderen Seite stehen Befunde, die Mobbing-Akteure mit vergleichsweise guten Sozialkompetenzen und ausgereiften Fähigkeiten zur Perspektivenübernahme in Verbindung bringen. Die Forschung ist hier uneindeutig.

Wer sind die Opfer?

Prinzipiell kann jedes Kind Opfer eines Mobbingangriffes werden. Wir können allenfalls Risikokinder ausmachen, die eher das Ziel von Mobbingattacken werden als andere. Dabei müssen wir uns immer wieder klar machen, dass die Opfer keine Schuld trifft und sie unser Mitgefühl und unsere Unterstützung dringend brauchen.

Oftmals besteht die Annahme, dass Mobbing-Opfer tendenziell ängstlich, unsicher, vorsichtig und gehemmt sind. Vielleicht sind sie Gleichaltrigen aufgrund ihrer Statur körperlich „unterlegen“, ziehen sich bei Übergriffen schnell zurück, weinen rasch und setzen sich in der Regel nicht zur Wehr. Sie weisen ein geringes Selbstvertrauen und mangelndes Selbstwertgefühl auf und suchen die Schuld für die Übergriffe häufig bei sich selbst. Des Weiteren wird oftmals die Ansicht vertreten, dass unruhige, wilde und aggressive Kinder leichter zu Opfern werden. Vielleicht erlebt die Lehrkraft diese häufig als unkonzentriert, hyperaktiv, impulsiv und schnell erregbar und es fällt auf, dass sie in der Klasse oft „den Klassenclown“ mimen.

Diese Annahmen ließen sich wissenschaftlich nicht bestätigen. Eine Vielzahl von Befunden deutet daraufhin, dass die Gruppe von Mobbingopfern äußerst heterogen ist und es keine eindeutigen Risikomerkmale gibt. Die Ängstlichkeit, soziale Gehemmtheit, das niedrige Selbstwertgefühl, die Unkozentriertheit und Unruhe treten meist nicht als Ursache, sondern als Folge der Aktionen auf.

Filmtipp zur Mobbing-Prävention in der Klasse

Wie Sie den Film im Unterricht nutzen können, lesen Sie hier.

Mobbing auflösen mit dem No Blame Approach

Einen Ansatz, um Mobbing in der Klasse zu begegnen, stellen wir Ihnen im folgenden Film vor. Eine konkrete Anleitung zur Durchführung für Lehrpersonen erhalten Sie hier

Mehr zu diesem Ansatz erfahren Sie auf www.no-blame-approach.de

Weiterbildung für Fachpersonen: No Blame Approach mit Detlef Beck

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