Schulangst 4: Wie können Eltern helfen?
Immer häufiger leiden Kinder unter Schulangst. Dabei sind die Gründe oft vielfältig und die Symptome nicht immer ganz eindeutig. Sollten Sie durch die Beantwortung der Checkliste zu dem Schluss gekommen sein, dass Ihr Kind womöglich an Schulangst leidet, erfahren Sie hier, wie Sie ihr Kind wirkungsvoll unterstützen können.
Als Elternteil ist es wichtig zu wissen, dass ein Kind oft nicht den Mut aufbringt über sein Schulproblem zu sprechen. Vielleicht schämt es sich dafür oder vielleicht kann es die Ängste auch einfach nicht richtig einordnen. Aber je mehr ein Kind die Schulangst mit sich selbst ausmacht und sich mit seinen Sorgen alleine gelassen fühlt, desto schlimmer wird es.
Ein Kind, das sich vor dem Unterricht fürchtet, nachts nicht schlafen kann und sichtlich betrübt ist, leidet. Oftmals tragen konkrete Erfahrungen von Gewalt an der Schule, Sticheleien auf dem Schulweg, Kränkungen durch Klassenkameraden oder Lehrer zur Entstehung von Schulangst bei. Sie als Eltern können diese brenzlige Situation wahrnehmen und die Nöte Ihres Kindes erkennen. Daher ist der erste Schritt, wie Sie Ihrem Kind helfen können, das gemeinsame Gespräch. Eine offene und ehrliche Aussprache ist eine gute Möglichkeit, sich der Angst zu stellen. Finden Sie heraus, was Ihrem Kind konkret Angst hat. Da Kinder sehr verschieden sind, kann der Auslöser einer Schulangst sehr unterschiedlich sein. Manche Kinder lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen, andere Kinder sind sensibler und reagieren bereits auf Kleinigkeiten. Bedenken Sie, dass die Angst Ihres Kindes real ist, egal wie relevant Ihnen die Bedrohung vorkommt. Zeigen Sie ihrem Kind, dass Sie seine Ängste und Sorgen ernst nehmen. Nehmen Sie ihr Kind in den Arm und zeigen Sie ihm, dass Sie es gern haben und zu ihm stehen. Machen Sie ihm auf liebevolle Weise klar, dass sie gemeinsam die Schulangst überwinden werden.
Anhand des folgenden Fragebogens können Sie herauszufinden, was konkret ihrem Kind Angst macht. Dabei können Sie unterscheiden, ob es eine reale Situation (Mobbing, Gewalt, schlechte Noten) oder eher eine vermutete Zurückweisung ist.
Ihr Kind hat Angst
- in einem bestimmten Fach schlechte Leistungen zu bringen.
- den Erwartungen der Eltern nicht gerecht zu werden.
- von Mitschülern nicht akzeptiert zu werden.
- vor verbaler und/oder körperlicher Gewalt.
- im Unterricht aufgerufen zu werden.
- die Schule verlassen zu müssen.
- vor der Autorität des Lehrers.
- vor der Gruppe zu sprechen.
- nicht versetzt zu werden.
- vor dem Wettbewerb.
- Fehler zu machen.
- vor Prüfungen.
- vor Kritik.
Haben Sie gemeinsam mit Ihrem Kind herausgefunden, wovor es Angst hat, können sie zum zweiten Schritt übergehen. Geben Sie ihrem Kind die Gelegenheit, selbst Lösungen für das Problem zu finden. Versuchen Sie möglichst viele Ideen zu finden. Wichtig ist, dass es in diesem Schritt noch nicht um die praktische Umsetzung, sondern um die Phantasie geht. Spielen Sie gedanklich mit Ihrem Kind die Situation durch. Folgende Fragen können Ihnen dabei behilflich sein: Was könnte schlimmstenfalls passieren? Wie kann dies verhindert werden? Welche anderen Möglichkeiten gibt es? Was müsste sich ändern, damit die Situation positiv verläuft?
Damit Sie ihr Kind bestärken und nicht kritisieren, sind folgende Verhaltensweisen förderlich:
Eltern sollten
- ihrem Kind helfen, das Problem aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
- hilfreiche Schritte für Ihr Kind einleiten (z.B. ein Gespräch mit dem Lehrer).
- ihrem Kind zeigen, dass sie ihm zutrauen, einen Ausweg zu finden.
- liebevoll sein, damit sich ihr Kind nicht einsam und alleine fühlt.
- gemeinsam mit ihrem Kind Lösungsmöglichkeiten entwickeln.
- geduldig sein und keine sofortige Besserung erwarten.
- Verständnis zeigen und das Problem ernst nehmen.
- ihr Kind ermutigen, eine Lösung zu finden.
- mitfühlend zuhören.
Auf keinen Fall sollten Eltern
- die Situation dramatisieren und dadurch nur schlimmer machen.
- das Problem und dessen Lösung an sich reissen.
- die Sorgen des Kindes nicht ernst nehmen.
- das Problem klein reden.
- ihr Kind auslachen
Haben Sie gemeinsam mit Ihrem Kind viele verschiedene Handlungsvorschläge gefunden, können Sie nun zum dritten Schritt übergehen – der Umsetzung. Je nachdem welche Ursachen die Schulangst Ihres Kindes hat, können schon kleine Lösungen zu großen Veränderungen führen.
Was tun, wenn mein Kind durch den Schulstoff überfordert ist?
Sollte sich herausgestellt haben, dass die Schulangst Ihres Kindes durch eine reale Überforderung des Schulstoffes begründet ist, braucht Ihr Kind wieder Erfolgserlebnisse. Als erstes sollten Sie hier mit dem Klassenlehrer besprechen, wie er die Situation einschätzt. Vielleicht hat Ihr Kind den Anschluss an den Schulstoff verpasst und könnte diesen mit wenig Aufwand nachholen. Aber vielleicht liegt auch eine Lernstörung vor, sodass gemeinsam mit dem Lehrer überlegt werden sollte, ob Ihr Kind auf der richtigen Schule bzw. in der richtigen Klasse ist. Bedenken Sie, dass ein dauerhaft überfordertes Kind womöglich jeden Tag Angst hat, zur Schule zu gehen. Es hat immerzu das Gefühl, nicht zu genügen und die geforderten Leistungen nicht erbringen zu können. Hinzu kommt, dass es sich im Wettbewerb mit den Klassenkameraden minderwertig fühlt. Auf Dauer kann dies das Selbstbewusstsein des Kindes grundlegend beeinträchtigen.
Was tun, wenn mein Kind gemobbt oder gehänselt wird?
Auch in diesem Fall ist zu empfehlen, das Gespräch mit dem Klassenlehrer zu suchen. Fragen Sie ihn, wie er die Situation einschätzt. Gibt es vielleicht noch andere Kinder, die in diesem Klassenverbund eine Aussenseiterrolle haben oder geärgert werden? Zu dem Thema Mobbing finden Sie hier noch genauere Informationen und Tipps.
Was tun, wenn mein Kind Angst hat, vor anderen zu sprechen?
Oftmals haben schüchterne Kinder Angst vor der Klasse zu sprechen. Sie werden schnell rot, verhaspeln sich und werden dafür von Klassenkameraden ausgelacht. Daher ist es hilfreich, den Lehrer mit ins Boot zu holen und ihn über die Angst des Kindes aufzuklären. Mit viel Ermutigung und Anerkennung kann dann erreicht werden, dass das Kind die Situation nicht mehr als beschämend erlebt. Zusätzlich kann das öffentliche Sprechen zu Hause geprobt werden. Indem Sie als Familie die Schule darstellen, kann Ihr Kind schwierige Situationen im vertrauten Kreise schon einmal durchspielen.
Was tun, wenn mein Kind Angst vor dem Lehrer hat?
Etwas schwieriger ist es, wenn Ihr Kind Angst vor dem Lehrer hat. Denn als Aussenstehender ist es nicht leicht zu erkennen, ob ihr Kind zu Recht Angst hat oder sich diese Ablehnung nur einbildet. Denn bei sehr sensiblen Kindern kann schon ein abfälliger Blick eine Furcht vor dem Lehrer aufkommen lassen. Daher hilft auch in diesem Fall nur das gemeinsame Gespräch mit dem Lehrer. Finden Sie heraus, was Ihrem Kind Angst macht. Manchmal ist Lehrern auch gar nicht bewusst, welche Wirkung sie auf ein spezielles Kind haben.
Was tun, wenn alle Versuche nicht weiterhelfen?
Sollten Sie merken, dass Ihr Kind mit der Situation nicht von selbst klar kommt und dieser Zustand über einen Monat andauert, sollten Sie ihm professionelle Hilfe ermöglichen. Insbesondere dann, wenn Ihr Kind sichtlich leidet, wenn es gut lernt und dennoch vor lauter Aufregung nichts zu Papier bekommt, ist Hilfe angesagt. Dann wäre es ratsam, Kinderärzte, niedergelassene Kindertherapeuten oder schulpsychologische Dienste vor Ort zu kontaktieren.
Wie kann ich mich noch weiter mit dem Thema beschäftigen?
Folgende Literaturempfehlungen könnten für Sie oder Ihr Kind interessant sein.
Für Eltern
Cornelson-Elternsprechstunde. Die Schulangst besiegen. So helfen Sie Ihrem Kind. Autorin: Sabine Makowski.
Dieses Buch zeigt Eltern die wichtigsten Möglichkeiten auf, wie Sie Ihrem Kind bei Schulangst helfen können.
Für Kinder
Schule beisst nicht! Autoren: Christoph Mauz und Carola Holland.
Ein einfühlsames Buch für Schüler und Schulanfänger ab fünf Jahren.